Das Amt für öffentliche Ordnung, die Freiburger Polizei und der Freiburger Gemeinderat haben eine historische Chance verpasst: Seit gut einem Jahr liefen die Vorbereitungen auf die neue Stadion- und Polizeiverordnung für das neue Stadion. Weiterhin werden Fußballfans in Freiburg zum Sicherheitsrisiko erklärt. Anerkennung unserer positiven, kreativen und bunten Fankultur in Freiburg? Fehlanzeige.

Was ist passiert?

Viele SC Fans haben mit dem anstehenden Umzug ins neue Stadion die Hoffnung verbunden, dass dies auch eine Änderung der Stadion- und Polizeiverordnung mit sich bringt. Bisher hatte Freiburg eine reine Polizeiverordnung. Im neuen Stadion wird es eine Kombination aus Stadion- und Polizeiverordnung geben. Das heißt: Der SC Freiburg bekommt zwar Teile seines Hausrechts zurück, kann z. B. die Freigabe von Fanutensilien regeln. Gleichwohl gilt eine Polizeiverordnung im und um das Stadion. Sie liegt sozusagen über der Hausordnung des Sport-Clubs.

Was ist die Kritik?

Die Polizeiverordnung ist ein Mittel der Gefahrenabwehr. Das heißt: Bürgerrechte werden präventiv eingeschränkt, weil ein potenzielles Verhalten von Fußballfans antizipiert wird. Die Polizeiverordnung gilt auf dem gesamten Gelände der technischen Universität und auf dem gesamten (!) Wolfsbuck. In diesem Bereich wird dem Polizeivollzugsdienst zugestanden, Personenkontrollen durchzuführen. Diese müssen nur damit begründet sein, dass vermutet wird, gegen die Polizeiverordnung verstoßen zu haben. Und das ist in diesem Fall leicht: Eine Flasche, eine Dose, einen Becher dabei? Spieltagsflyer verteilt? Eine Sammlung für einen guten Zweck durchgeführt? Seit gestern ausreichende Gründe für eine Personenkontrolle. Je nachdem, ob ein Verstoß auch in der langen Liste der Ordnungswidrigkeiten festgehalten ist, kann es zu teils empfindlichen Geldstrafen kommen.

Diplomatischer Weg erfolglos

Seit gut einem Jahr haben wir, Vertreter*innen der Corrillo Ultras und der Supporters Crew, uns mit verschiedenen Akteur*innen der Freiburger Kommunalpolitik ausgetauscht, um auch auf diplomatischen Weg Änderungen in der Polizeiverordnung zu erreichen. Es wurden zahlreiche Gespräche mit Fraktionen geführt, es wurden Argumente ausgetauscht, Positionspapiere geschrieben und Kompromisse verhandelt. Wir haben teils sehr engagierte Gemeinderäte und Gemeinderätinnen erlebt, die sich ausführlich mit unseren Positionen auseinandergesetzt haben. Aus dieser Auseinandersetzung sind mehrere Änderungsanträge hervorgegangen.

Wir müssen feststellen: Unser Engagement hat nicht gereicht. Gestern wurde die Polizeiverordnung in der ursprünglich eingereichten Form verabschiedet. Für die o. g. Änderungsanträge haben die Fraktionen wie folgt gestimmt:

  • Streichung des Flaschen-, Dosen- und Becherverbots (dafür: ESFA, JUPI)
  • Verkleinerung des Geltungsbereichs: Herausnahme des Wolfsbucks (dafür: ESFA, JUPI, SPD/kult, FDP/BfF)
  • Keine Sanktionierung des “Werfen von Flüssigkeiten” als Ordnungswidrigkeit – damit ist z. B. ein Verschütten von Getränken in Zuschauer*innen-Bereiche gemeint (dafür: ESFA, JUPI, SPD/kult)

Die einzige Mehrheit kam bei einem Antrag zur Einbindung von Fans sowie der professionellen Fanarbeit in eine Evaluation der Polizeiverordnung zustande – der einzige Punkt, bei dem die Grünen mitgehen konnten. Denn die Stadtverwaltung sah ausschließlich eine Evaluation zwischen Polizei und Stadt vor.

Die Polizei hat angekündigt, die Polizeiverordnung mit Augenmaß umzusetzen – diese Umsetzungspraxis wird Gegenstand der Evaluation sein.

Gesprächsbereitschaft durch Stadtverwaltung instrumentalisiert

Auf Drängen der Gemeinderäte wurde die Abstimmung über die Polizeiverordnung im Frühjahr von der Tagesordnung genommen. Die Stadtverwaltung wurde aufgefordert, zunächst organisierte Fans und ihre Kritik anzuhören. Wir wurden zwar gehört, gebracht hat es aber nichts. Von Seiten des Amtes für öffentliche Ordnung und der Polizei gab es keine Bereitschaft, Kompromisse auszuhandeln. Vielmehr betonten beide Akteure, dass sie in der Polizeiverordnung und ihrer Umsetzungspraxis die Chance eines Neuanfangs sehen. Sie sind der Überzeugung, dass dies ausreicht, um Konflikte, die sich länger als ein Jahrzehnt zwischen aktiver Fanszene und Polizei verhärtet haben, einfach in Luft auflösen werden.

Wir haben deutlich gemacht, dass es vieler anderer Maßnahmen bedarf und vor allem eine andere Polizeiverordnung vorgelegt werden muss, wenn es nur die kleinste Chance auf eine Entspannung des Verhältnisses zwischen Polizei und Fanszene geben soll. Was hat die Stadtverwaltung daraus gemacht? Sie schreibt in der Beschlussvorlage für den Gemeinderat, dass wir Fans der Überzeugung seien, dass das neue Stadion und die vorgelegte Polizeiverordnung gute Bedingungen für einen Neuanfang und die Verbesserung des Verhältnisses zwischen Fans und Polizei sind. Dies haben wir jedoch nie gesagt.

Es ist absolut inakzeptabel, dass die Gesprächsbereitschaft von Fanvertreter*innen derart instrumentalisiert wird. Mit einem solchen Vorgehen untermauert die Stadtverwaltung die Position derjenigen, die nicht an die Potenziale von Gesprächen und diplomatischen Auseinandersetzungen glauben. Sie untergräbt und konterkariert konstruktive Bemühungen und setzt ein fatales Zeichen in Richtung Fanszene.

Corrillo Ultras
Supporters Crew Freiburg e.V.